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Logbuch Ukraine: Einblicke in die Arbeit Teil IX

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Das „Dorf der Mutter Gottes“ ist schwer beschossen worden, jedes einzelne Haus in Bogorodichne ist zerstört. Der Anblick betäubt alle Gedanken. Imke Hansen, Mitarbeitende unserer ukrainischen Partnerorganisation Vostok SOS, schildert uns ihre Eindrücke von vor Ort. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen ist Imke auf Monitoring Mission im Osten der Ukraine und besucht Orte, um mit den Menschen zu sprechen, die Lage zu erfassen, humanitäre Nöte zu erkennen und Evakuationsbedarf zu registrieren. Wir veröffentlichen Auszüge aus ihrem Logbuch.

Unterwegs in Bogorodichne

Niemand lebt mehr hier, die Straßen sind wie ausgestorben, als wir ankommen. In der Stunde, die wir hier verbringen, treffen wir nur auf ein Militärfahrzeug. Drei Soldaten steigen aus und tun dasselbe wie wir: fotografieren, das Chaos betrachten, kaum sprechen. Hier und da tauchen Hunde aus den Trümmern auf. Ihnen gehört das Dorf jetzt, und sie scheinen nicht glücklich darüber zu sein. Sie kommen auf uns zu, unser erster Gedanke ist, dass sie hungrig sind. Aber sie betteln darum, gestreichelt zu werden, sie scheinen vor allem Menschen zu brauchen. In einem Straßenabschnitt liegen mehrere Schultische auf der Seite, offenbar war hier eine Schule. 50 m weiter liegt ein riesiger Teddybär auf dem Dach eines ausgebrannten Autos und starrt in den Himmel.

Zahlreiche Katzen und Hunde auf Futtersuche

Als wir zu den Autos zurückkommen, haben sich einige Katzen unter den Autos versammelt. Kein Wunder, dort ist es warm und weniger windig. Sie kommen auch auf uns zu, wollen auch gestreichelt werden. Wir suchen nach Futter, das wir ihnen geben können. Schließlich finden wir eine Blechdose mit Hühnchen, russisches Soldatenessen. Eine Trophäe, die uns ein Freund geschenkt hat, der an der Front ist. Jetzt kommt sie wie gerufen. Während wir im geöffneten Kofferraum die Dose mit einem Messer öffnen, drängen sich die Katzen an die Dose, andere versuchen, über die offene Fahrertür ins Auto zu gelangen. Mehr Hunde und Katzen tauchen auf. Wir verstreuen Hühnerstücke in Gelee. Hunde und Katzen beginnen, sich um das Futter zu streiten. Wir beschließen, Leute aus unseren Evakuierungsteams zu bitten, hier mit ein paar Säcken Katzen- und Hundefutter vorbeizufahren und die Tiere zu füttern, es sind wirklich viele.

Es wird dunkel und ein eisiger Wind lässt uns bis auf die Knochen frieren. Er lässt das unablässige dumpfe Grollen der Artillerie manchmal lauter und manchmal leiser scheinen. Wir steigen in die Autos und verlassen das Dorf der Mutter Gottes. Es wird uns wohl erstmal nicht verlassen.

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