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COVID-19: Tageszentrum muss geschlossen werden

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„Es fiel uns sehr schwer, das Zentrum zu schließen, aber aufgrund der behördlichen Anweisungen gab es keine andere Möglichkeit.“ Elias Anagnostopoulos ist Projektmanager im Alkyone Tageszentrum für Flüchtlinge in Thessaloniki, Griechenland. Seit 2017 wird das Zentrum von der Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt. Flüchtlinge und Migranten erhalten dort Hilfe bei der Registrierung und an fünf Tagen pro Woche Frühstück und ein warmes Mittagessen. Im Interview berichtet Anagnostopoulos über die Auswirkungen des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2.

Das Zentrum unserer Partnerorganisation Ecological Movement of Thessaloniki, kurz EMT, ist die einzige Einrichtung dieser Art in der Stadt. Rund 1000 Menschen nehmen die Angebote pro Monat wahr. Da viele von ihnen obdachlos sind gibt es im Zentrum eine Kleiderkammer. Zudem können sich die Besucherinnen und Besucher mit Hygieneartikeln, Schlafsäcken und Decken versorgen. Für die hygienischen Grundbedürfnisse stehen sanitäre Anlagen mit Duschen, Waschmaschinen und Trockner bereit. Elias Anagnostopoulos,Projektmanager im Alkyone Tageszentrum, im Interview über Folgen und Auswirkungen des Coronavirus für die Arbeit vor Ort.

Im Alkyone Tageszentrum erhalten monatlich rund 1000 Flüchtlinge Hilfe. Jetzt ist die Einrichtung seit dem 16.03.20 für mindestens zwei Wochen geschlossen. Vor welchen Problemen stehen die Flüchtlinge in Thessaloniki jetzt?

Das vergleichsweise größte Problem ist die Verpflegung der Menschen. Es fiel uns sehr schwer, das Zentrum zu schließen, aber aufgrund der behördlichen Anweisungen gab es keine andere Möglichkeit. Wir haben uns lange mit dem UNHCR und anderen lokalen Akteuren besprochen und nach Alternativen gesucht. Aber letztlich haben wir keine gefunden, die den verordneten Richtlinien entsprochen hätte. Einige Asylsuchende und Flüchtlinge haben uns mitgeteilt, dass sie vorübergehend bei anderen Flüchtlingen Hilfe erhalten. Sie schienen den Ernst der Lage zu verstehen. Am stärksten betroffen sind vermutlich die nicht registrierten Migranten. Einige haben gesagt, dass sie versuchen wollen, über Albanien in ihre eigentlichen EU-Zielländer weiterzureisen. Die albanische Regierung hat aber auch Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergriffen, so dass sich der Weg als schwierig erweisen könnte.

Welche Art von Hilfen brauchen die Menschen im Zentrum am meisten?

Die größte Nachfrage gibt es nach Nahrungsmitteln und Mahlzeiten, gefolgt von Kleidung, Dingen des täglichen Bedarfs, sozialer Unterstützung und persönlicher Hygiene. In der Stadt gibt es derzeit 900 obdachlose Flüchtlinge, Asylsuchenden und Migranten. Einen großen Bedarf gibt es auch bei psychologischer Unterstützung. Diese wird zwar nicht von so vielen Menschen angefragt, aber es ist ein sehr wichtiges Angebot, dass zurzeit leider fehlt. Es gibt zwar ein Angebot dazu in der Stadt, aber die Termine müssen einen Monat im Voraus festgelegt werden und es gibt kaum Übersetzer. Einige Bedürftige haben ernsthafte psychische Probleme und können so nicht betreut werden.

Haben Sie seit den Vorfällen an der türkisch-griechischen Grenze eine Zunahme der Flüchtlinge festgestellt?

Nach den Ereignissen an der türkisch-griechischen Grenze Anfang März konnten wir keinen Anstieg der absoluten Zahlen feststellen.Wir hatten einen konstanten Strom von Neuankömmlingen im Land und an Flüchtlingen im Tageszentrum. Einen leichten Anstieg gab es beim Besuch von registrierten Flüchtlingen. Diese müssen nach ihrer Anerkennung Flüchtlingsunterkünfte verlassen und versuchen, eine eigene Wohnung zu finden. Die Wenigen, die das schaffen, können dann bei einem von der Regierung und IOM (International Organization on Migration) subventionierten Programm Mietzuschüsse für sechs Monate erhalten.

Welche Arbeiten sind noch am Laufen? Könnt Ihr die Zeit ohne Besucher für andere Arbeiten nutzen?

Wir haben die ersten Tage der Schließung genutzt, um unsere Einrichtungen gründlich zu reinigen. Nachdem die Behörden die Maßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 verschärft haben, mussten wir unsere Mitarbeiter bitten, zu Hause zu bleiben. Derzeit arbeiten wir per Telearbeit, um die Verwaltungsaufgaben zu erledigen und führen eine Auswertung der letzten sechs Monate unseres Programms durch. Wir bleiben mit dem UNHCR und den übrigen Akteuren in Thessaloniki in Kontakt und beobachten die Lage, um zu helfen wo wir können.

Mehr Informationen über das Tageszentrum können Sie hier nachlesen: Thomas Beckmann, Pressesprecher der Diakonie Katastrophenhilfe, war bei der Eröffnung 2017 vor Ort und berichtet von seinen Eindrücken.

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