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Interview

Interview: Was Katastrophenvorsorge bringt

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Katastrophenvorsorge ist die dritte Säule der humanitären Hilfe, neben Nothilfe und Wiederaufbau. Caroline Hüglin, unsere Projektverantwortliche für Asien, erklärt im Interview die vielen Vorteile.

DEU, Deutschland, Berlin, 17.11.2014: Carolin ueglin, Projektbearbeiterin der Diakonie Katastrophenhilfe.(Hermann Bredehorst / Diakonie Katastrophenhilfe)

Hierzulande denken die meisten Menschen bei Katastrophenvorsorge zunächst an Dinge wie den Bau von Dämmen und Rücklaufbecken, damit Städte besser vor Hochwasser geschützt sind. Was bedeutet Katastrophenvorsorge für humanitäre Hilfsorganisationen wie die Diakonie Katstrophenhilfe in Ländern wie den Philippinen?

Caroline Hüglin: Katastrophenvorsorge kann sehr viel bedeuten: Einerseits können damit große staatliche Infrastrukturmaßnahmen, also der Bau von Dämmen oder erdbebensicheren Brücken gemeint sein. Es kann aber auch bedeuten, und darum geht es bei unserer Arbeit, wie der einzelne Mensch vor einer Katastrophe geschützt werden kann. Wir helfen den Menschen sehr häufig in entlegenen Regionen, zum Beispiel im nördlichsten Teil der Philippinen. Um dort Katastrophenvorsorge zu betreiben, arbeiten wir mit unseren Partnern in einem sogenannten gemeindebasierten Ansatz.

Wie funktioniert das?

Viele Naturkatastrophen kündigen sich ja mit etwas Vorlauf an. Dass der Tsunami Mangkhut auf Land trifft, war ja auch schon ein paar Tage vorher klar. In den Dörfern gründen sich schon vor der Katastrophe Gruppen, die klar abstecken, wer sich im Katastrophenfall um was kümmert. Wer läuft zum Beispiel mit dem Megaphon durch das Dorf und warnt die Bürger vor? Welches Gebäude im Dorf ist so sicher gebaut, dass es als Evakuierungszentrum dienen kann? Welche Menschen brauchen Hilfe bei der Evakuierung, alte Menschen oder Menschen mit Behinderung zum Beispiel? Wo kann erste Hilfe geleistet werden? Wer kümmert sich aber auch nach der Katastrophe darum, den Schaden zu erheben? Wir unterstützen mit unseren Partnern die Gründung solcher Katastrophenvorsorge-Komitees und helfen den Gruppen dabei, mögliche Gefahren zu identifizieren. Diese Katastrophenvorsorge-Komitees organisieren auch Dinge wie gemeinsame Saatgutspeicher, um ihre Lebensgrundlagen nach Katastrophen schnell wiederherstellen zu können.

Klappt das denn? Sind die Menschen besser gewappnet, wenn es in dem Ort ein Katastrophenvorsorge-Komitee gibt?

Eindeutig ja! Wir haben auf den Philippinen zwischen 2008 und 2012 an 72 verschiedenen Orten Schulungen durchgeführt und die Gründung von Komitees angestoßen. Als Super-Taifun Yolanda dann 2013 über die Philippinen zog, konnten wir in unseren betroffenen Gemeinden eindeutig feststellen, dass die Menschen dort besser vorbereitet waren als an anderen Orten, in denen es diese Gruppen nicht gibt. Wir haben gemerkt, dass ein Komitee am besten arbeitet, wenn es an schon existierende Strukturen andockt, also zum Beispiel an einen lokalen Bauernverein oder eine Frauenorganisation. Die treffen sich ohnehin regelmäßig und können Änderungen und Neuigkeiten, aber auch neue Evakuierungspläne direkt miteinander besprechen.

Die Menschen sind dann also besser auf den Taifun vorbereitet, aber ändert das etwas an der Not, nachdem sich die Katastrophe ereignet hat?

Die Komitees sind auch dafür zuständig, den Schaden zu ermitteln und die Nothilfe anzustoßen. Unser Partner auf den Philippinen ist sowieso in ständigem Kontakt mit den Komitees in den einzelnen Dörfern. Dadurch kann der Hilfsbedarf sofort an unseren Partner weitergegeben werden, der sich wiederum direkt bei uns melden kann. Wir sind also viel schneller mit den Menschen in entlegenen Regionen in Kontakt und können Hilfe anschieben, da wir genau wissen, was die Menschen brauchen. Damit hat eine gute Vorsorge auch einen direkten Einfluss auf gute Nothilfe. Zu guter Nothilfe gehört bei uns zum Beispiel auch ein solider Wiederaufbau dazu, wir nennen das ‚Building Back Better’. Wir bauen also zerstörte Häuser nicht wieder in den Zustand vor der Katastrophe zurück, sondern unterstützen die Menschen darin, ihr Haus auf ein Betonfundament zu bauen. Dadurch ist es vor dem nächsten Sturm besser geschützt und kann sogar anderen Menschen im Dorf Schutz bieten.

Die Fragen stellte Thomas Beckmann, Pressereferent der Diakonie Katastrophenhilfe.

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