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Humanitäre Hilfe – wessen Aufgabe ist das eigentlich?

zurück Von Christian Huber

Humanitäre Hilfe – wessen Aufgabe ist das eigentlich? Unter diesem Thema veranstalteten Ärzte ohne Grenzen Deutschland, Caritas International und die Diakonie Katastrophenhilfe am 14-15.April 2016 gemeinsam eine internationale Konferenz im Dietrich-Bonnhoeffer-Haus der Evangelischen Akademie Villigst in Berlin.

Experten kommen ins Gespräch

Experten kommen ins Gespräch

 

Über 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern von deutschen und internationalen Organisationen der Humanitären Hilfe, aus Wissenschaft, Ministerien, Beratung, Medien und Politik diskutierten über die derzeitigen ethischen, politischen und menschlichen Herausforderungen und Dilemmata der Humanitären Hilfe. Dr. Oliver Müller, Leiter von Caritas international fasst das Ziel der Tagung so zusammen: „Ich glaube, gute humanitäre Hilfe braucht in erster Linie ein starkes gesellschaftliches Fundament, ein Engagement und Verständnis über Bedingungen und Herausforderungen, ein breites Interesse in der Bevölkerung und ein fundiertes Wissen bei Entscheidungsträgern in Regierung und Parlament.“

Bedarf an Humanitärer Hilfe ist groß

Tatsächlich empfinden Organisationen der Humanitären Hilfe Handlungsdruck. „Krisen, Konflikte und Kriege betreffen uns direkter und unmittelbarer als je zuvor. Über 140 Millionen Menschen sind  jährlich von Naturkatastrophen betroffen, die Zahl fortdauernder Konflikte hat sich zuletzt stark erhöht“, betonte Oliver Müller. Barbara Lochbihler sekundierte aus der Perspektive des Europäischen Parlamentes: „Seit dem Jahr 2000 hat sich der Humanitäre Bedarf weltweit vervierfacht. 2016 werden von den Gebern 20 Milliarden US-Dollar erbeten, um 87 Millionen Menschen in 37 Ländern mit lebensrettender Hilfe versorgen zu könne. Das europäische EU-Budget hat für Humanitäre Hilfe im Jahr 2015 909 Millionen Euro, weniger als 1 Prozent des Gesamthaushalt der EU, völlig unzureichend angesichts der Krisen, obwohl die EU ein sehr großer Geber von Humanitärer Hilfe ist.“ Allerdings gibt es keine humanitären Lösungen für politische Probleme: „Das politische Versagen Europas in der Flüchtlingskrise bringt die Organisationen Humanitärer Hilfe noch mehr an ihre Leistungsgrenzen“, wie Kathrin Schick, die Direktorin des Europäischen NGO-Netzwerks VOICE unterstrich.

„Humanitäre Hilfe ist eine Zumutung für Partner“ stellte einer der Referenten während der Konferenz fest. In der Tat, Humanitäre Hilfe ist mit ihrem Anspruch, allein nach dem Maßstab der Not zu handeln, schwer für Partner in Politik und Gesellschaft, die andere gut begründete Interessen und Ziele verfolgen, zu ertragen. Humanitäre Hilfe folgt, das legte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe, in ihrem Einführungsvortrag dar, den Humanitären Grundsätzen, und das aus gutem Grund. Vor allem seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat sich das Humanitäre Völkerrecht weit entwickelt. Menschlichkeit und Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität sind die Prinzipien, denen Humanitäre Hilfe folgen können muss. Auch dem Verhalten von Konfliktparteien wurden Grenzen gesetzt: Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Kämpfer, die außer Kampf gesetzt wurden, sollen unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden – ohne jede Diskriminierung. Verletzte und Kranke sollen geborgen und versorgt werden. Alle Konfliktparteien müssen die Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität humanitärer Organisationen akzeptieren und ihre Arbeit ermöglichen.

Humanitäre Hilfe in die Mitte der Gesellschaft bringen

Gerade wegen dieser schweren Vermittelbarkeit wollen wir als Humanitäre Akteure und Organisatoren dieser Konferenz Humanitäre Hilfe stärker in die gesellschaftliche Diskussion bringen. Die Konferenz hat dazu wichtige Wegweiser für weitere Schritte identifiziert: 

  • Die Herausforderungen der Humanitären Hilfe erfordern von uns vertiefte, kontinuierliche und unabhängige Analyse, Reflexion und Debatten humanitärer Grundsatzfragen.
  • Auf dieser Grundlage sollten wir neue gesellschaftliche Verbindungen mit anderen Politikfeldern und Akteuren (Diaspora, Flüchtlingshilfe), sowie einen regelmäßigen Austausch anstreben.
  • Konkrete Aktionen wie einen Preis für Humanitäre Hilfe oder ein Kampagnentag sowie ein gezielter Arbeitsprozess mit Medien erleichtern einen breiteren öffentlichen Diskurs zur Bedeutung der Humanitären Hilfe.
  • Bei konkreten politischen Entscheidungen sind engagierte Fürsprecherinnen der Humanitären Hilfe und ihrer Prinzipien notwendig, wir müssen sie in die Verantwortung nehmen.
  • Nur unser verstärktes öffentliches Interesse und erhöhte politischer Druck kann Humanitäre Krisen vermeiden und die Rahmenbedingungen für Hilfe gewährleisten.

Wir laden andere interessierte Organisationen dazu ein, auf dieser Grundlage das Anliegen weiter verfolgen und freuen uns über das Interesse und die Beteiligung weiterer gesellschaftlicher Akteure an der Stärkung der Humanitären Hilfe in Deutschland.

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