jetzt spendenspendenMenü öffnen

Advocacy Messages: Aktuelle Humanitäre Lage in Israel und den Palästinensischen Gebieten

zurück Max Freundlieb

Unsere Advocacy Messages zur gegenwärtigen humanitären Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten fassen wichtige humanitäre Bedenken der Diakonie Katastrophenhilfe zusammen, welche unserer Ansicht nach in politischen Diskussionen nicht ausreichend Beachtung finden. Ihr Inhalt basiert auch auf den Erfahrungen unserer Partner im Gazastreifen und in Israel, die weiterhin unter schwierigsten und gefährlichen Bedingungen humanitäre Hilfe für Menschen in Not leisten. Die Diakonie Katastrophenhilfe ist ein prinzipienorientierter humanitärer Akteur. Die humanitären Prinzipien der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit beschränken, wann und wo wir laut sein können - und wann wir nicht leise sein können.

Aerial view of collapsed buildings and destruction in the Gaza Strip (October 2023)

Aerial view of collapsed buildings and destruction in the Gaza Strip (October 2023) © UNRWA Photo 2023 (Ashraf Amra)

  • Das internationale humanitäre Völkerrecht wurde geschaffen, um sicherzustellen, dass Kriege Grenzen haben und Regeln unterliegen: Zivilisten und andere geschützte Personen müssen während militärischer Maßnahmen den maximal möglichen Schutz erhalten. Seit den Gräueltaten von Hamas und anderen bewaffneten Gruppen am 7. Oktober 2023 wurden auf beiden Seiten laut UN OCHA, unter anderem basierend auf Zahlen des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, über 28.000 Todesfälle und 70.000 Verletzte dokumentiert. Im Gazastreifen sind zudem laut UNRWA über 1.7 Millionen Personen, also 75% der Bevölkerung, vertrieben und 387.000 Menschen sind laut der aktuellen IPC-Einschätzung von einer Hungersnot (IPC-Level 5) bedroht. Diese Zahlen verdeutlichen schmerzhaft, dass Zivilisten leiden und sterben, wenn Konfliktparteien ihren humanitären Verpflichtungen nicht nachkommen.
  • Zivilisten haben das Recht auf humanitäre Hilfe und Konfliktparteien müssen die schnelle und ungehinderte Durchführung humanitärer Hilfe für bedürftige Zivilisten im benötigten Maße ermöglichen und fördern. Die aktuellen Verfahren zur Überprüfung von Hilfsgütern für den Gazastreifen verzögern oder verhindern den Eintritt lebensrettender humanitärer Hilfe im derzeitig notwendigen Umfang für die über zwei Millionen Zivilisten in Gaza. Der begrenzte Zugang humanitärer Akteure zur Zivilbevölkerung in Gaza, insbesondere im Norden, schränkt zusätzlich ein, dass humanitäre Hilfe alle Zivilisten in Not erreicht.

  • Die Diakonie Katastrophenhilfe bekräftigt ihren Aufruf zu humanitären Waffenpausen und der Schaffung humanitärer Korridore, um lebensrettende humanitäre Hilfe zu leisten, die in der derzeitigen Situation nicht ermöglicht wird, obwohl sie für die Vermeidung weiteren Sterbens und Leidens unerlässlich ist. Dass humanitäre Pausen und Korridore notwendig sind, zeugt vom mangelnden Respekt der Konfliktparteien für ihre humanitären Verpflichtungen während der Kriegshandlungen.

  • Menschen in Israel fürchten seit mehr als vier Monaten um das Leben ihrer Verwandten und Freunde, die am 7. Oktober von der Hamas, dem Islamischen Dschihad und anderen bewaffneten Gruppen als Geiseln genommen wurden. Das humanitäre Völkerrecht verbietet Geiselnahmen, weswegen alle Geiseln sofort freigelassen werden müssen. Die Leben und Würde von Zivilisten dürfen niemals Verhandlungsmasse sein und müssen in bewaffneten Konflikten jederzeit respektiert werden.
  • Im gesamten Gazastreifen gibt es keine sicheren Zonen für die Zivilbevölkerung. Mütter, Väter und Kinder wissen nicht, wohin sie fliehen sollen, um in Sicherheit zu sein. Zivilisten in Gaza, im Westjordanland und Israel sollten niemals in der ständigen Angst und Sorge leben müssen, ein militärisches Ziel zu sein. Da laut UN OCHA 70.000 Wohneinheiten zerstört oder unbewohnbar gemacht und 290.000 Einheiten durch Kampfeshandlungen beschädigt wurden, haben über 500.000 Menschen in Gaza kein Zuhause, in das sie zurückkehren können.
  • Humanitäre Hilfe hat das Ziel, Leben zu retten und Leid zu mindern. Dem Vorwurf der Beteiligung von UNWRA-Mitarbeitenden an den Terroranschlägen vom 7. Oktober muss konsequent nachgegangen werden, weil eine Täterschaft diesen humanitären Zielen diametral entgegenstehen würde. Wir begrüßen UNRWAs Reaktion auf die Anschuldigung sowie die Ermittlungen durch das UN-Amt für interne Aufsicht (OIOS) in New York. Gleichzeitig ist UNRWA der maßgebliche Akteur, der in der gegenwärtigen Lage in Gaza der Zivilbevölkerung im großen Maße Schutz und Versorgung ermöglichen kann. In dieser katastrophalen humanitären Lage in Gaza darf eine Suspendierung der Finanzierung von UNWRA durch Geldgeber wie Deutschland den Zugang der Zivilbevölkerung zu dringend benötigter humanitärer Hilfe nicht weiter einschränken.  
  • Aufgrund wiederholter Angriffe auf medizinische Einrichtungen in Gaza sind nur 14 von 36 Krankenhäusern teilweise funktionsfähig, leiden jedoch unter akutem Mangel an allen Versorgungsgütern, inklusive Antibiotika und Anästhetika, und medizinischem Personal. Der begrenzte oder fehlende Zugang zu medizinischer Grundversorgung, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung, betrifft Frauen und Kinder überproportional. Angesichts der hohen Zahlen an vertriebenen Personen, dem Mangel an sauberem Trinkwasser, unzureichender Sanitärversorgung und Mangelernährung besteht ein hohes Risiko für die rasche Ausbreitung von Krankheiten wie Durchfall, Windpocken und oberen Atemwegsinfektionen. Der Schutz, der Betrieb und die Versorgung medizinischer Einrichtung muss deshalb höchste Priorität haben.
  • Humanitäre Akteure und ihre Infrastruktur werden in diesem bewaffneten Konflikt in einem beispiellosen Maße angegriffen. Mehr als 150 Helferinnen und Helfer sind binnen weniger Wochen ums Leben gekommen. Humanitäre Helfer und Helferinnen genießen einen besonderen Schutz im internationalen humanitären Völkerrecht, da sie die letzte verbleibende Hoffnung auf Hilfe für Zivilisten, die zwischen den Fronten gefangen sind, darstellen. Humanitäre Helfer und Helferinnen sind niemals ein militärisches Ziel.
  • Hoffnung auf eine bessere Zukunft für die Menschen in Israel und in den palästinensischen Gebieten war selten so schwer greifbar wie heute. Als Reaktion auf die Gräueltaten der Hamas, des Islamischen Dschihad und anderer bewaffneter Gruppen vom 7. Oktober hat Israel das unbestreitbare Recht, sich zu verteidigen. Krieg fordert einen schrecklichen Tribut von der Menschheit, Menschen verlieren ihre Familien und Freunde, erhalten grausame Verletzungen und kämpfen gegen Folter und Vergewaltigung. Kinder verlieren ihre Kindheit und oft ihre Zukunft. Die Achtung des humanitären Völkerrechts schützt nicht nur unschuldige Leben während bewaffneter Konflikte, sondern dient auch als erster Schritt zum Frieden, indem verhindert wird, dass kriegerische Grausamkeiten und Hass den Weg dahin versperren.

Schreibt mir gerne, wenn Ihr Fragen zur derzeitigen Situation vor Ort habt oder Euch zur aktuellen Lage austauschen möchtet.  

 

zurück